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Gewalt, die nicht als solche wahrgenommen wird kann „auch nicht abstumpfend oder brutalisierend wirken“

Nicht, dass es an Studien, Untersuchungen und Papers mangeln würde, die zum Schluß kommen, dass „Killerspiele“ nicht veranwortlich für reale Gewalt gemacht werden könnten,  hier ist eine sehr interessante Arbeit von Ference Nagy (2006):

Computerspiele: Rezeption und Wirkung (PDF-Datei)

Besonders Kapitel 8 „Risiken von Computerspielen“ (S. 51 ff) empfehle ich Politikern aus den südlichen Bundesländern, die mal eben Computerspieler mit Drogendealern und Kinderschändern gleichsetzen und gleich eine mögliche Internet-Zensur auf „Killerspiele“ ausweiten wollen:

Auch lassen sich Handlungs- und Wahrnehmungsschemata nicht unverändert von der virtuellen Computerspielewelt in die reale Welt transferieren, da die Sinnzusammenhänge völlig unterschiedlich sind. Gewalt in der realen Welt „ist zweckgebunden und soll schädigen bzw. verletzen“ (LADAS 2003, S. 27ff.). Computerspiele hingegen sind für die Nutzer eher ein virtuelles Räuber-und- Gendarm-Spiel. Die Gewalt ist ästhetisiert und wettkampfartig, sie dient dem Vorankommen im Spiel oder dem Erreichen eines Highscore. Vor allem wird sie vom Nutzer nicht als Gewalt wahrgenommen, denn es fehlt das personelle
Gegenüber, das „psychologische Phänomen Opfer“ entsteht nicht. Die Gegner sind schablonenhaft dargestellte „Schießbudenfiguren“ ohne emotionalpsychologische Ausdifferenzierung, rein auf ihre Funktion reduziert, und werden daher von den Spielern eher als Inventar des Spieles wahrgenommen. Auch werden keine echten Schäden verursacht, da die Auswirkungen des Eliminierens eines Gegners auf die „engen Handlungs- und Wirkungszusammenhänge der virtuellen Welt“ beschränkt bleiben.

Wie Fritz weist Ladas darauf hin, dass Computerspiele im Gegensatz zu anderen Medien syntaktische statt semantische Zusammenhänge aufweisen (vgl. FRITZ 1999b, S. 82f.; vgl. LADAS 2003, S. 28f.), d. h. um die Dimensionen Empathie und Emotionalität verkürzt sind. Bei Film und Fernsehen werden Charaktere differenziert dargestellt, die Handlung steht im Vordergrund. Dadurch sind eine emotionale Beziehung zu den Charakteren, der Handlung, und auch die Entstehung von Opferrollen möglich. Bei Computerspielen hingegen geht es um das Beherrschen von Reiz-Reaktions- Abfolgen im interaktiven Teil, die Geschichte oder Entwicklung der Charaktere tritt in den Hintergrund und wird nur in gelegentlichen kurzen Filmsequenzen weitergeführt.
Daher ist ein „ungefilterter Transfer von Handlungsskripts“ in die reale Welt unwahrscheinlich und eher „eine Folge psychischer Störungen einzelner Individuen als ein Effekt der Spielnutzung im Allgemeinen“. Zum einen macht das „Töten für den Highscore“ in der Realität keinen Sinn, zum anderen kann Gewalt, die nicht als solche wahrgenommen wird, „auch nicht abstumpfend oder brutalisierend wirken“.

via ToLeBlog

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